monika poschen

Liebe Gabi

Liebe Cousine

Liebes Geburtstagskind

Die Tante Erika und der Onkel Erich… lange wusste ich die Zusammenhänge nicht, nahm sie einfach hin, wie es so oft im Leben ist.

„Du hast eine Tante in Wien und dort auch Cousinen und Vettern.“

Mit zwei Jahren habe ich sie dann alle kennen gelernt. Das war 1966 und ich muss zugeben, dass mir die Erinnerung daran fehlt. Und doch blieb damals etwas ganz tief in mir hängen…

Schau Dir nun  das Foto Deiner Tante Erika und des Onkel Peters an.

Dort  mittendrin ,sitzt Deine wunderschöne Mama und ich denke, Dein Papa fotografierte. Wie jung sie allesamt sind. Wie schön.

Um diese Jahre herum, muss dann das nächste Foto entstanden sein, an dessen Moment ich mich auch nicht erinnere. Außer… an ein lebenslanges warmes und weiches Gefühl, wenn von Euch gesprochen wurde. Dort auf diesem Bild stehst Du neben mir, der kleinen Cousine in Windeln. Wie putzig.

Erst mit 16 jahren kam ich einmal nach Wien, zu Euch nach Hause. Leider warst Du nicht dort, gleichwohl ich mich daran erinnere, wie Johannes eine Fete hatte und im Obergeschoss die Musik so trümmerte, dass die Decke bebte und der Leuchter vibrierte. Schade, dass ich dies nicht mit Dir in Verbindung bringen kann.

Jedoch war auch diese kurze Zeit so etwas ganz besonderes für mich. Ich trauerte und lechzte währenddessen nach meiner ersten großen Liebe, die zu diesem Zeitpunkt einer Einladung bei den Wiener Symphonikern zum Vorspiel folgte. Tuba für Österreich, aus Deutschland. Dein Papa hoffte währenddessen  auf Karten für Vorstellungen und wir alle waren, jeder für sich selber enttäuscht, als der Snob Walter Hilgers, diese Stelle dann ablehnte. Er wollte nur seinen Marktwert gewusst haben.

Ich erinnere mich an den Schmerz, gleichwohl Deine liebe Mama und der Papa mir alles zu Füßen legten…sightseeing, tolle Küche, Kennerorte statt Touristenmist, Wiener Schmäh und dies unglaubliche Liebe, die von Deinen Eltern ausging.

Warum wir, Du und ich verwandt sind, habe ich natürlich erfragt. Und entweder habe ich mit dem noch zu jungen Ohr hingehört, oder es wurde mir nur Streifenweise erzählt…dieses Schicksal der Schwestern und des Bruders Deiner Mama, hat mich später immer neugieriger gemacht. Wäre ich damals mental so weit wie heute gewesen, ich hätte viel mehr gefragt.

So jedoch, ist es, wie es ist: wir sind verwandt, unsere Eltern haben sich zeitlebens geschätzt und geliebt. Das haben sie wieter gegeben an uns…

Vor ein paar Jahren sahen wir uns wieder. In Wien. Es war für mich berührend und unvergesslich, wie wir miteinander redeten. So, als sei die Entfernung und der wenige reale Kontakt, nicht anwesend. So nah. So seelenverwandt.

Es war auch das letzte mal, dass ich Tante Erika und Onkel Erich sehen sollte.  Deine Mama stand noch in der Türe, während ich zu Deinem Papa ins Auto stieg. Er mochte mich zur Haltestelle bringen.

Und Tante Erika warf mir noch eine Kusshand zu. Ganz kurz vorher, bei der letzten Umarmung flüsterte sie mir ins Ohr…: „ich liebe dich, kleine Monika“

Was für ein Geschenk. Was für ein Erbe. Welch ein Erlebnis!

Nun wirst Du 60 Jahre. Du Wunderbare. Ich wünsche Dir genau das, was auch auf Deiner Agenda der Lebenswünsche steht. Ich wünsche Dir das, was unsere Vorfahren auch lebenslang dem anderen wünschten.

Sei sicher, dass ich Deine Bücher in Ehren halte und die neuen, ganz gespannt erwarte. Denn ein Stück von mir, ist auch dort im System.

Meine feste Umarmung für Dich, liebe Gabi

Dein Cousinchen

Monika

Anmerkung der Redaktion:

Liebe Monika,

Dein Cousin Thomas hat mir Bilder geschickt, die seinen Kommentar zu Deinem Text illustrieren. Hier sind sie:

3 Comments

  1. Thomas Liedl

    Liebe Monika,
    ein paar Jahre vor Deinem Windelkind -Besuch in Wien, im Sommer 1963 wurde ich als 10-jähriger Bub zwei, drei Wochen ins Rheinland auf Besuch zu Erika und Peter geschickt. In Weisweiler/Eschweiler angekommen, haben wir uns auf Anhieb bestens verstanden. Als einer von fünf Kindern habe mich selten so liebevoll aufgehoben gefühlt, wie bei Erika und Peter. Es war eine sehr schöne, glückliche Zeit!
    Seit damals weiß ich: so fühlt sich also ein geliebtes Einzelkind!
    Zurück in Wien litt ich tagelang unter schmerzhaftem Fernweh, was Ratlosigkeit bei Papa, Mama und Geschwistern auslöste- oder lag es daran, dass ich nur mehr Plattdeutsch sprach?
    Dein Cousin Thomas.

  2. Monika Poschen

    Lieber Thomas
    Ich danke Dir so sehr für Deine Reaktion ♡
    Zur Zeit bin ich am Küchentisch bei Erika und Peter ( ja ich weiß, ohne Onkel und Tante) das habe ich jetzt gelernt!
    Nun höre ich eine nach der anderen Geschichte Eurer Zeit im Sommer63. Wir lachen gemeinsam und soeben erlebe ich Eure Fahrt ..im 750ger Fiat…nach Weisweiler.
    Was für ein Glück, dass der rote Porsche Euch nicht auch erwischt hat.
    So gehen die Jahre dahin und Kreise beginnen sich zu schließen. Wie wunderbar.
    Fühle Dich von Deinem Cousinchen umarmt
    Liebe Grüße, auf ein Wiedersehen
    Monika

  3. Thomas Liedl

    Liebe Monika,
    zuallererst schicke ich ganz herzliche Grüße an Erika und Peter! Schön, dass Du sie beide an unserer Korrespondenz teilhaben lässt.
    Ja die Fahrt von Köln nach Weisweiler war so gesehen, nicht ganz ungefährlich. Aber wir sind mit Schutzengeln unterwegs gewesen!
    Und ja, so viele Jahrzehnte sind vergangen, aber unsere Gefühle steigen so lebendig herauf aus Zeit und Raum, heraus aus den Schatztruhen der Erinnerung, als wäre es gestern gewesen. Eine dieser Schatztruhen wurde mir aufgeschlossen – durch den Fund noch nie gesehener Fotos. Eines Stößchens kleiner Bilder mit Wellschnittrand, welche deine Mama Erika an meine Mama Erika geschickt hatte, und nicht nur das, einige dieser Bildchen wurden auf der Rückseite liebevoll kommentiert – Postkarten gleich.
    Ein riesengroßes herzliches Dankeschön an Euch, liebe Erika, lieber Peter -unglaubliche -bald 58 Jahre später!
    Und natürlich ein dicker Kuss Dir Hannes, der Du diese Website geschaffen hast- BRAVO!
    Und ich fühle mich wieder einmal umarmt!
    Dein Cousin Thomas.

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